Ovationen. Stehend, wie es sich nach großen Darbietungen gehört. Die des Stefan Steinert an der Erich-Hauser-Gewerbeschule Rottweil währte 28 Jahre lang, zuletzt, seit 2013, als Schulleiter. Am Mittwochnachmittag stand er im Mittelpunkt, wurde er verabschiedet. Wie erwähnt: mit stehenden Ovationen.

Kaum eine Schule wird je einen so musikalischen Leiter gehabt haben, kaum eine gewerbliche, zudem. Stefan Steinert, der vor Jahrzehnten als Frontmann der für immer legendären Band „Rocksplitt“ die Region gerockt hat, verabschiedete sich als Rektor musikalisch. Mit einem auf die Aufgaben und Leiden eines Schulleiters verweisenden Song. Begleitet von zwei Bandkollegen aus Rocksplitt-Zeiten, ein weiterer saß im Publikum. Und unter freudig im Takt klatschenden Menschen, Kollegen, Schulleitern, Freunden, Wegbegleitern, Amtsträgern, Musikern, Familienmitgliedern, männlich und weiblich. Im hübschen „Großen Saal des Berufsschulzentrums Rottweil“, war das. Draußen wendete ein Traktorfahrer das Gras des Schulcampus.

Steinert geht etwas vor der Zeit. Er wolle es offen zugeben, sagte er der rund 150-köpfigen Abschieds- und Festgemeinschaft, „die Kraft ist mir am Ende auch ein bisschen ausgegangen.“ Denn Schulleiter sein, das ist längst ein anstrengender Job, eine Zerreißprobe zwischen den Interessen, eine Riesenaufgabe, eine Verantwortung für viele Hundert Schülerinnen und Schüler, in Steinerts Fall mehr als Tausend. Wechselnde politische Vorgaben, Samstagsarbeit, viel Verwaltungskram, wenig pädagogische Arbeit, für die er einst angetreten ist. So wird’s gewesen sein, das kristallisiert sich am Mittwoch heraus.

Was sich auch zeigte: Wenn einer vor der Zeit geht, wenn vor allem einer wie Steinert geht, offenkundig beliebt und eng mit den Menschen verbunden, dann löst das Bedauern aus. Und den Wunsch, ihm etwas auf den unwidersprochen verdienten Weg in den Ruhestand mitzugeben. Ungezählte Geschenke, da wird Steinert, der mit Frau und Familie da war, einige helfende Hände und einen Kleinlaster brauchen, um sie alle nach Hause zu bringen. Wobei – er hat noch rund zwei Wochen Zeit, so lange, bis zu den Sommerferien, ist er noch im Amt.

Dieses geht übrigens an einen Rottweiler, wie Steinert einer ist, an einen ehemaligen Schüler der Gewerbeschulen, ebenfalls wie Steinert, ein Eigengewächs. Wenngleich ein Techniker, kein religiöser Sportler oder sportlicher Religionslehrer, wie Steinert es war. Michael Schuler, heißt der Neue, ein Diplom-Ingenieur, ein studierter Maschinenbauer. Ein junger Mann, der nun am Beginn seiner Schulleiterkarriere steht.

An deren Ende angekommen steckte Steinert viel Lob ein – nach seinen Worten gelegentlich etwas zu viel, aber so gehört es sich bei der Verabschiedung verdienter Menschen. Als besonnenen Menschen, der zugleich eine klare Art an den Tag gelegt habe, bezeichnete ihn etwa Martin Müller, der die Verabschiedung für das Regierungspräsidium Freiburg formal vornahm. Steinert habe turbulente Zeiten durchgestanden, die Schule im Wettbewerb gut ausgerichtet, ihr Angebot stetig erweitert und modernisiert, habe zudem erfolgreich um die Gunst neuer, nachfolgender Schülerinnen und Schüler geworben. Er hinterlasse eine Schule, an der Gemeinschaft, Respekt und Toleranz zählten, ergänzte Steinerts Nachfolger Schuler.

„Ganz herzlichen Dank“ gab es für Steinerts „Arbeiten und Wirken“ auch namens des Schulträgers Landratsamt von Dezernent Michael Kah. In anderen Worten, aber mit derselben Bedeutung auch vom Kollegium, das viele unterhaltsame Stücke zum Programm beitrug, an denen Steinert gerne teilnahm. Torwandschießen der Schulleiter (bei dem niemand traf), eine Pyramide aus Kollegen errichten (die tatsächlich stand), Geschenke aus aller Welt entgegennehmen und die ultimative Lobhudelei (mit viel Fantasie und grafischer Finesse dargeboten) obendrein. Und ein unsichtbares Regal für schwebende Bücher aus der Abteilung Installations- und Metalltechnik. Beispielsweise.

Außerdem, und das wird den scheidenden Schulleiter wohl am meisten gefreut haben: Dank gab es auch vonseiten der Schülerinnen und Schüler. Steinert sei „nicht nur Schuleiter, sondern auch Mensch und Unterstützer“ gewesen, sagte etwa Leander Endres. Er habe die Schüler nicht nur aufgefordert, sich einzubringen und Wünsche zu äußern, sondern er habe auch „dazu beigetragen, sie aktiv umzusetzen.“ Dem nun in den Ruhestand gehenden gebühre daher „tiefster Dank“. Ein Orden am Bande.

Natürlich dankte Steinert, dem so viel gedankt worden war, selbst auch allen. Vor allem aber seiner Frau Corinne, und das mit einem Kuss, einer Umarmung, einem Blumenstrauß und beinahe wegbrechender Stimme.

Und alles mündete in einen großen Satz. Er bitte, so sagte Steinert, „um Nachsicht für Dinge, die mir nicht gelungen sind.“ Falls es diese tatsächlich gibt, so wurde ihm die Absolution erteilt. Und das mit großer Freude. Vor allem nach seinem Song, begleitet von German Klaiber am Bass und Arno Haas am Saxofon, bei dem der Mucker, der Rocker Steinert rausblitzte, der zwar Lehrer wurde, der im Herzen aber ein Rocker geblieben ist. Jedoch auch einer, der sich nun „auf eine Zeit der Ruhe und der Selbstbestimmung“ freut, gemeinsam mit der Familie.

Text: Peter Arnegger, www.nrwz.de

Fotos: Andrea Gortat und Lukas Belzer